Seit Längerem gehen Bilder von Reisenden um die Welt, die ihre Reise mit Bettelei finanzieren. Da greift man sich schon an den Kopf. Es geht hier nicht um arme Menschen, die auf Geld von anderen angewiesen sind, sondern um junge Erwachsene, die es für angemessen halten, in einem Land zu betteln, wo viele Leute nicht einmal die Chance haben, ihre eigenen Staatsgrenzen hinter sich zu lassen. Diese Leute, um Geld für eigene Reisen zu bitten, grenzt fast schon an morbide Ironie.
Ich finde es in den meisten europäischen Ländern vertretbar, wenn Reisende sich Geld für ihr Weiterkommen verdienen, indem sie Musik auf der Straße spielen oder vergleichbare Kunst aufführen. In Europa herrscht ein allgemeiner Wohlstand und jeder entscheidet selbst, ob er etwas spenden möchte oder nicht.
In anderen Ländern gelten da jedoch völlig andere Regeln. Es gibt Kulturkreisen, in denen zählt es als Verpflichtung, einem Bettler Geld zu geben. Was wenn diese Menschen sich also gezwungen fühlen, jemanden Geld für seine Reise zu spenden, der höchstwahrscheinlich an einem Tag zehnmal so viel ausgibt, als sie selbst in einem Monat verdienen. Natürlich habe ich keine festen Zahlen, die ich hier beweisführend anbringen kann. Es gibt auch in den Ländern, die wir als verarmt einstufen, viele Menschen, die alles andere als arm sind. Trotzdem ist es eine Schmach, in einem Land als vergleichsweise reicher Gast zu betteln, wenn ein paar Kilometer weiter Menschen verhungern. Auch wenn diese bettelnden Reisenden nur an touristischen Orten betteln sollten und lediglich andere Reisende um Geld bitten, ist und bleibt dieses Unterfangen in meinen Augen unmoralisch. Schließlich sollte das Geld, welches Touristen in ein Land bringen, dem Land selbst zu gute kommen. Wer in einem Urlaubsland Geld an Bettler verteilen möchte, der sollte es denen zukommen lassen, die in der Region heimisch sind und das Geld wirklich zum Leben benötigen.